Vom Tierheim in die Familie
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Don Quixote

Hallo! Da bin ich - Don Quixote, der Ritter - äh - der Hund von der traurigen Gestalt. Doch davon später mehr. Gerufen werde ich nur "Don" wie ich wirklich heiße weiß niemand und im Tierheim nannte man mich Gino.

So, nun zu mir...

...und was ich noch so mitbekommen habe. Ich wurde kurz vor Weihnachten 2018 in Duisburg gefunden, komme wohl ursprünglich aus Spanien da ich einen spanischen Transponder habe aber da ich nie registriert wurde und auch kein Halsband mit Hundemarke hatte, weiß niemand wie ich wirklich heiße.

Vollkommen abgemagert (mir fehlen mindestens 3 Kilogramm Muskelmasse!), mit einer Geschwulst am Bauch-Rippen-Ansatz, einer verwucherten Wunde am rechten Knie machte ich wohl den Eindruck eines „Don Quixote de la Mancha“, also einer eher traurigen Gestalt.

Aber damit nicht genug, denn richtig laufen kann ich auch nicht. An das was da passiert sein mag, kann ich mich nicht erinnern, aber es führte wohl dazu, dass ich mich lange nicht bewegen konnte und somit kaum noch Muskeln an den Hinterläufen habe. Eigentlich ist mir im wahrsten Sinne des Wortes hundeelend. Keiner kümmert sich so richtig um mich, habe immer mal wieder Schmerzen und kann als Windhund nicht mal vernünftig laufen. Wen wundert es da, dass mir nicht einmal das beste Essen schmeckt.

Auch wenn die Menschen im Tierheim alles tun damit es mir besser geht, können die sich bei all den andere Hunden, Katzen, Vögeln und Kleintieren ja nicht ausschließlich um mich kümmern. Hinzu kommt, dass mich wohl niemand vermisst und dass es sehr schwer sein wird jemanden zu finden, des sich um einen alten und kranken Hund mit ganz vielen „Baustellen“ kümmern will. Aber besser als auf der Straße ist es auf jeden Fall im Tierheim Duisburg. Es fallen sogar mal ein paar Streicheleinheiten ab und gelegentlich kommt jemand (Martina) zur Gassi-Runde vorbei.

Nach gut drei bis vier Monaten kam dann hier eine Frau vorbei die mich ein wenig kritisch beäugte aber irgendwie auch nach Hunden roch. Wie ich später erfuhr hat das Tierheim Duisburg ein Hilfeersuchen an Helge Wenger von der Initiative Windhund-Hilfe in Gerlingen gerichtet. Da die beiden Zweibeiner, welche hier Onkel und Tante genannt werden, dort auch Mitglieder sind, wurde die beiden (oder genauer: die Tante) auf mich aufmerksam.

Die gleiche Frau kam dann immer öfter vorbei und brachte dann auch noch einen fremden Mann mit, der ebenfalls nach Hunden roch. Bei der Gelegenheit wurde ich in ein Auto verfrachtet was für mich gruselig war und wo ich während der Fahrt so aufgeregt war, dass ich spontan kacken musste. Ich habe mich zwar versucht bemerkbar zu machen, aber wir waren wohl auf einer Straße wo man zwar schnell fahren darf, aber nicht anhalten kann. Zu meiner Verwunderung hat aber keiner der Zweibeiner mit mir geschimpft, sondern man hat mich, so gut es ging, sauber gemacht bevor es zu anderem Menschen ging, die alle weiß gekleidet waren. Hier hat man dann mit allen möglichen komischen Geräten in mich „hineingesehen“ und wohl auch etwas entdeckt, was den Mann der Frau, welche ich ja nun schon besser kannte, verärgert hat.

So wie ich es verstanden habe, muss ich wohl mal einen bösen Unfall gehabt haben. Dabei wurden mein Becken und mein rechtes Bein schwer verletzt. Doch damit nicht genug, denn es sieht so aus, als hätte man mich dann einfach irgendwo eingesperrt und die „Heilung“ sich selbst überlassen. Nun ist auch klar warum ich niemals mehr richtig rennen kann.

Das Becken ist nicht richtig verwachsen, das Oberschenkelgelenk konnte somit auch nie mehr in die richtige Position kommen und zu allem Überfluss ist es wohl auch zu einer Mangelversorgung des Oberschenkelknochens gekommen, der nun einige Zentimeter kürzer ist. Kein Wunder, dass der Onkel ärgerlich ist...

Nachdem ich also untersucht wurde, brachte man mich in das Tierheim zurück. Das war es dann wohl. Oder etwa doch nicht?

Fast genau eine Woche später bekam ich dann nochmal Besuch von der Tante, die nun allerdings noch andere und mir vollkommen fremde Hunde dabei hatte. Allerdings kannte ich deren Geruch schon von den Zweibeinern und dem Auto, in das ich den Haufen gesetzt habe – und ja – ich schäme mich immer noch.

Vor der Hündin hatte ich zunächst ein wenig Angst, aber wie sich herausstellt ist das schon eine ganz alte „Oma“ mit ihren fast 16 Jahren. Den Rüden mochte ich schon eher leiden, denn der ist ja fast so wie ich. Nicht ganz so „kaputt“ aber eben auch ein Windhund.

Gleich und gleich gesellt sich gern, sagt man ja.


(Ich und im Vordergrund: Kosh)

Nachdem noch weitere 11 Tage vergangen sind, kam die Frau, welche ich ja jetzt als Tante kenne, erneut zu mir und füllte im Tierheim etliche Papiere aus.


(von links: Martina, Don und Andrea, die "Tante")

Dann musste ich wieder in dieses Auto steigen, oder besser gesagt, ich wurde da hineingehoben den allein schaffe ich das (noch) nicht. Eine gute halbe Stunde später musste ich aussteigen und ging durch einen Weg, der mit Hecken und Zäunen begrenzt ist zu einer großen Holztüre. Nachdem sich diese Türe öffnete fielen mir fast die Augen aus dem Kopf. Ein riesiger Garten den ich sofort ausgiebig untersuchen musste. Mann - das ist ja sooo aufregend, aber das sollte wohl nicht alles sein...

Kurze Zeit und ganz viel Aufregung später, traf ich die beiden Hunde wieder, die ich ja schon einmal getroffen hatte. Allerdings nun in deren Revier oder besser gesagt in dem Haus von Onkel und Tante. Hier sofort die nächste Überraschung.

Da wartete schon ein großartiges Hundekissen auf mich und als wäre das nicht schon Überraschung genug, ist sogar der Fußboden warm wie eine kuschelige Heizung. Im Hundehimmel kann ich aber noch nicht sein, denn meine Knochen sind ja immer noch kaputt. Aber schön ist es trotzdem und ich habe die Hoffnung, dass ich hierbleiben darf. Dazu muss ich mich aber benehmen und vor allem lernen die Treppe aus dem Garten ins Haus selbstständig zu meistern.


(ist das wirklich für mich?)

Sobald es mir etwas besser geht, will man mich wohl operieren lassen, denn die Geschwulst und die Verwachsung an meinem Knie müssen entfernt werden. Auch muss ich mal wieder vernünftig fressen und vor allem wieder Muskeln aufbauen. Man hat mir versprochen mich dann auch mit in den Urlaub zu nehmen.


(Das war viel zu viel Aufregung)

Ich bin wirklich gespannt, wie es weiter geht. Ihr auch?


(Aber spannend ist es doch...)

 

Tag 5

Hier ein kurzer Zwischenbericht. Nachdem ich nun fünf Tage hier sein darf, geht es so langsam besser und ich habe den Eindruck, dass mich auch meine Menschen etwas besser verstehen. Gut – natürlich trage ich auch dazu bei, denn wenn ich mal raus muss, dann melde ich mich ganz brav. Die Treppe zum Garten schaffe ich nun auch vollkommen allein nach unten.

Nur hinauf komme ich noch nicht, aber da geht man einfach mit mir „hinten rum“ und gut das der Onkel ein Schloss in die Gartentüre gebastelt hat.

Auch die Spaziergänge (puh – die sind ganz schön anstrengend, wenn man lange nicht laufen durfte) dauern nun schon Tag für Tag etwas länger. So kommt es auch, dass ich die drei Stufen „vorne rum“ ins Haus nun schon ganz allein schaffe. Auch habe ich heute zum ersten Mal seit langer Zeit (OK, der Onkel hat für mich gekocht) eine volle Hundeportion gefressen.

Vielleicht komme ich ja doch noch auf die Beine und kann bald operiert werden.

 

Woche 2

Alles ist so neu und ich bin immer noch ganz aufgeregt obwohl ich mich so langsam heimisch fühle. Die Sache mit dem Fressen habe ich immer noch nicht ganz so drauf wie meine beiden Hundemitbewohner, aber das eine oder andere Frischfutter mag ich dann ja doch, auch wenn ich ja viel lieber was vom Tische bekommen würde.

In der Tierklinik war ich auch mal wieder um mich mal wieder vorzustellen. Wie aber schon vermutet ist da wohl noch mehr im argen und so vermutet der Onkel Doktor auch bei mir eine Leishmaniose wie sie nun auch mein Mitbewohner Kosh hat. Echt doof so etwas und zu allem Übel wird es somit noch länger dauern bis man mir das Knie und die Geschwulst operiert.

Das ich mich so langsam bei Onkel & Tante heimisch fühle wollte ich ja eigentlich gar nicht so schnell sagen. Trotz der Tatsache, dass ich ja mit den kaputten Knochen die paar Stufen vom Garten in die Wohnung eigentlich nicht schaffe, so hat man mich heute Morgen gegen 5:00 Uhr erwischt. Klettern geht wohl doch, wenn das Ziel lohnend ist. Seht selbst...

Nur damit ihr wisst worum es geht...

Monat 1

Hui - da sind die ersten Wochen ja schnell vorbei gegangen und weil ich wieder besser fresse, jeden Tag Gassi gehe und auch sonst gut gepflegt werde, geht es mir nun so gut, dass ich in zwei Tagen operiert werde.

Bei der Gelegenheit wird eine große Geschwulst am Bauch-Rippen-Übergang entfernt, die wuchernde Wunde am Kein entfernt, die Zähne und die Krallen aufgehübscht und weil ich dann eh schon schlafe auch noch ein MRT gefertigt. Hier hoffen natürlich, dass alles gut über die Bühne geht und mir die „Kernsanierung“ etwas mehr Lebensqualität verschafft. Vielleicht kann man ja sogar noch was an der Hüfte machen.

 Wir werden sehen und hoffen das Beste!...

 

Monat 2

Die OP ist gut gelaufen und die Fäden sind auch schon alle raus. Eigentlich geht es mir in der Summe auch viel besser als zuvor, aber gesund werde ich nie wieder werden. Die Treppe in den Graten komme ich trotz viel Übung nicht hinauf und so muss man mit mir immer um das Haus herum gehen. Auch die in der computertomographischen Untersuchung bestätigten neurologischen Defizite (Becken & Co.) werden nie wieder ausheilen. Das erklärt dann auch, warum ich gelegentlich mal umfalle und immer wieder Urin und Kot verliere. Meist melde ich mich ja auch, wenn mir da was „spanisch“ vorkommt, aber allzu oft ist der Köttel halt im Korb oder auf dem Wohnzimmerboden.

Trotz allem hat man mich wirklich gern, denn alle wissen ja, dass es nicht meine Schuld ist.

Aber ich fürchte, dass es dem Onkel zu viel wird, denn trotz Hundewindel gegen den Urinverlust, muss täglich der Boden gewischt werden und er muss ständig seine Arbeit unterbrechen. Dadurch ist ihm schon der eine oder andere Fehler unterlaufen. Auch muss er sich ja um seine Kunden und seine eigentliche Arbeit kümmern und dazu kann er eben nicht alles aus dem Homeoffice stemmen. Die Tante hingegen ist immer in einem Büro und weit weg zum Arbeiten.

Aber ich bin ja nicht die einzige Baustelle in der Welt vom Onkel denn er hat zusammen mit mir meinem Hundekumpel Kosh fast 3 Wochen beim sterben zusehen müssen und die Oma des Rudels, die auf den Namen Chaka hört, geht es mit ihren 16 Jahren auch nicht wirklich gut. Neben ihrer Demenz und der allgemeinen Gebrechlichkeit vergisst sie häufig wo sie ist und pinkelt auch überall hin.

Ich bin ja krank, aber in bin nicht dumm und ich frage mich wie lange der Onkel das noch aushalten kann. Allerdings ist der alte Mann auch ein zäher Knochen - der schafft das schon wenn ihn die Tante unterstützt...

 

Monat 5

Was ein Mist!

Nachdem ich fast kernsaniert wurde, meine Zahnfleischentzündung im Griff ist und meine Zähne auch gemacht wurden, geht es mir wieder schlechter. Zwar werde ich nach wie vor umhegt und gepflegt, aber seit gut einer Woche nehmen meine neurologischen Defizite wieder zu. Nicht nur, dass ich wieder Köttel verliere, ich kann nun in 50 Prozent aller Fälle nicht mehr selbstständig aufstehen.

Auch wenn mir Onkel und Tante unter die Arme – ich meine natürlich – unter den Hintern greifen, kann es sein, dass ich zunächst nochmal umfalle. Schlimm das Ganze. Besonders die traurigen Blicke meiner Dosenöffner.

Aber auch Chaka, also die Oma unseres Rudels, geht es im Moment nicht besser, denn auch Sie kommt nur noch ganz schlecht auf die Pfoten, aber mit 16 Jahren ist das wohl auch kein Wunder.

Trotz allem habe ich mir im Garten das eine oder andere lauschige Plätzen ergattert und schlafe dann auch viel denn auch die kleinen Gassirunden werden immer kleiner.

Aber eigentlich würde ich viel lieber rennen und mit dem Nachbarshund spielen oder wieder mit Tante und Onkel in den Urlaub fahren. Das wäre schön...

Ach ja – irgendwie ist alles doof…

 

Monat 6

Was ist denn jetzt los?

Das ist ja irgendwie seltsam, denn das Letzte woran ich mich erinnere ist, dass ich zusammen mit Chaka ganz müde wurde.

Jetzt wo ich wieder wach bin, steht mir Chaka gegenüber und fordert mich zum Spielen auf. Aber es alles so seltsam. Onkel und Tante sind nicht da, den Ort hier kenne ich nicht und Chaka sieht eher wie ein junger Hund aus. Da muss ich wohl mal nachsehen was da los ist und schon wird es noch verrückter, denn plötzlich tut mir nichts mehr weh und ich kann ganz alleine aufstehen. Auch fühlt sich alles so "normal" an und so laufe ich auf Chaka zu.

Nein - ich muss mich korrigieren, denn ich laufe nicht, ich renne!

Was ein Wunder. Ich kann endlich rennen, ohne Schmerzen und ohne das ich müde werde. Plötzlich sehe ich auch Kosh der mit Nova hinzukommt. Chaka war kurz weg und bringt noch einen Hund mit den ich nicht kenne. Der nennt sich Psycho...

Egal - jetzt wird um die Wette gerannt und alles nachgeholt was ich so lange vermisst habe!